Große Vielfalt und ein neuer Magnet

10. Januar, 2020

Die hauptamtlichen Kirchenmusiker in der Innenstadt stellen ihr ökumenisches Jahresprogramm vor

Hanns-Peter Springer, Tobias Leschke und Ute Springer (v. l.) stellen das neue ökumenische Jahresprogramm der Kirchenmusik vor.                                              <b>Ralf Tiemann</b>

Hanns-Peter Springer, Tobias Leschke und Ute Springer (v. l.) stellen das neue ökumenische Jahresprogramm der Kirchenmusik vor. Ralf Tiemann

Ralf Tiemann

Iserlohn „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, hat Udo Jürgens einst gesungen. Die Evangelische Kantorei wird in diesem Jahr 66 Jahre alt und greift dieses Motto auf. Aber gilt es denn auch für die Kantorei und die Kirchenmusik? Fängt ihr Leben wirklich erst an?

Nach der zurückliegenden Adventszeit und dem Weihnachtfest spricht Kantor Hanns-Peter Springer von einem regelrechten Hunger nach Kirchenmusik. Akzeptanz und Begeisterung bei den Zuhörern seien so groß wie nie zuvor. „Wir werden so stark nachgefragt, wir können gar nicht alles leisten, was von uns gewünscht wird“, sagt der Springer. Seine Frau, Ute Springer, die die Kinder- und Jugend-Kantorei leitet pflichtet ihm bei: Sämtliche Konzert zum Jahresende vom Kindermusical bis zum Feuerwerk der Orgelpfeifen seien außerordentlich gut, oftmals besser als je zuvor besucht gewesen.

Während das Publikum wächst, wird es aber auch in den Gruppen der Kantorei und allen Kirchenchören immer schwieriger, neue aktive Sänger zu gewinnen. Wöchentliche Verbindlichkeit und kontinuierliche Arbeit liegen offensichtlich gerade bei den Jüngeren nach wie vor nicht so richtig im Trend. Anders die punktuelle Projektarbeit, wie der katholische Dekanatskantor Tobias Leschke jetzt erfahren durfte. Bei der ersten Probe zu seinem Chorprojekt mit englischen Weihnachts-Carols hatte er mit mehr als 100 Sängerinnen und Sängern einen überwältigenden Ansturm.

Was Nachfrage und Begeisterung angehen, dürfte nach den ersten 66 Jahren tatsächlich das Leben erst anfangen. Und diese Lebendigkeit spiegelt auch das neue kirchenmusikalische Jahresprogramm wider, das die drei hauptamtlichen Kirchenmusiker der Stadt gestern in bewährt ökumenischer Manier vorgestellt haben.

Die großen chorischen Highlights darin sind Händels „The Messiah“ am 27. September von der Evangelischen Kantorei in der Obersten Stadtkirche und das Mozart-Requiem von den Chören des katholischen Pastoralverbundes in der Aloysius-Kirche am 8. November.

Tobias Leschke bietet im zweiten Jahr große Vielfalt

Wobei es bemerkenswert ist, dass Tobias Leschke nach seinem ersten Jahr als Kantor an Aloysius schon so ein starkes Gegengewicht zur Kantorei darstellt und generell im Jahresprogramm mit den stark besetzten Sommerklängen, eigenen Festkonzerten an Pfingsten und Weihnachten sowie vielen anderweitigen Konzertangeboten von der Orgel-Improvisation bis zum Akkordeon-Orchester ein überaus vielfältiges und umfangreiches Konzertprogramm bietet. Er selbst ist auch sehr erfreut über die gute und fruchtbare Entwicklung, gerade bei der Chorarbeit. Zumal er, wie er betont, ja auf keine große katholische Kirchenmusiktradition zurückgreifen kann, sondern in vielen Bereichen wieder neue Wege gehen musste.

Ein besonderes Projekt hat Ute Springer mit der Kinderkantorei in Vorbereitung: Am 9. Mai ist die Uraufführung des Musicals „Jona und die Kinder von Ninive“ als große Kooperationsproduktion in der Obersten Stadtkirche zu erleben. Der Text stammt von der Iserlohner Pastorin und Kantorei-Sängerin Rahel Schöttler, für die Musik wurde erneut der Komponist John Rausek engagiert, der das Stück den Iserlohner Kindern und einem Elternorchester sowie den befreundeten Kindern von Laura Holzwarths Percussion-Ensemble auf den Leib schneidern wird. Zusätzlich singen auch die Kinder der „Happy Voices“ aus Hennen mit – es ist also mit einer großen Aufführung mit rund 100 Kindern und Orchester zu rechnen.

Ansonsten setzen Hanns-Peter und Uta Springer wieder auf viele liebgewonnene Formate vom festlichen Osterkonzert über die Marktmusiken und das Adventssingen bis zum Feuerwerk der Orgelpfeifen, die man gemessen am Publikumszuspruch auch niemals aus dem Programm nehmen darf. Obwohl mit der neuen Grenzing-Orgel in der Bauernkirche ein neuer Magnet hinzugekommen ist, der natürlich auch und ausgiebig seine Anziehungskraft entfalten soll. Schon am kommenden Sonntag, 12. Januar, ist um 17 Uhr Dmitri Grigoriev aus Lüdenscheid zu Gast, der den Bau der Orgel als Sachverständiger begleitet hat und nun den offiziellen Einweihungsreigen beendet.

Neue Möglichkeiten durch die Orgel in der Bauernkirche

Hanns-Peter Springer freut sich vor allem darüber, dass die neue Orgel nicht nur klanglich, sondern durch die ebenerdige Sichtbarkeit vor dem Publikum auch neue Konzertformate möglich macht. So eignet sie sich sehr für Orgel-Plus-Konzerte mit Trompete, Saxofon oder Gesang. Besonders aber auch für Kinderkonzerte, die die Klangmöglichkeiten und das Instrument selbst vorstellen sollen. „Peter Trom und die Orgelpfeifen-Konferenz“ heißt das Programm aus Musik und Lesung, das das Ehepaar Springer am 26. Juni für Kinder von fünf bis zwölf Jahren zeigt. Das 45-minütige Kinder-Orgelkonzert kann aber auch Schulen oder Kindergärten für eine Sonderaufführung gebucht werden.

Zusätzlich schafft die Orgelstiftung Pütter im Laufe des Jahres noch einen Bausatz für eine Kleinorgel, ein sogenanntes Organetto, an, das den Kindern den Bau einer Orgel und damit ihre Funktionsweise begreifbar macht.