Gemeinsam die Iserlohner Kirche neu gestalten

13. November, 2021

Im Einführungsgottesdienst betonte der neue Pfarrer Dietmar Schulte, dass „Einheit in der Vielfalt“ kein Widerspruch ist.

„Es gibt ganz große Herausforderungen, denen ich mich aber nicht zuletzt im Vertrauen auf Gott gerne stelle und die wir alle nur gemeinsam bewältigen können.“ Mit diesen Worten lud Dietmar Schulte als neuer Pfarrer der Pan­kratius-Gemeinde und Leiter des Pastoralverbundes Iserlohn dazu ein, gemeinsam mit dem Pastoralteam „die Kirche von Iserlohn, von Sümmern, Hennen und Kalthof neu zu gestalten“.

In seiner Predigt in dem festlichen Gottesdienst, in dem der 44-Jährige am Sonntag in der St.-Aloysius-Kirche offiziell in seine Ämter eingeführt wurde, hatte Schulte zuvor auf die Unterschiede im Pastoralverbund hingewiesen: Hier die Pankratius-Gemeinde mit ihren sechs Kirchen (St. Aloysius, Heilig Geist, Hl. Dreifaltigkeit, St. Hedwig, St. Michael und St. Josef), in denen leider „vieles an Gemeindeleben nicht mehr funktioniere“ und zudem wie überall durch Corona vieles nicht mehr stattfinden durfte: „Wir wissen noch nicht, was wir davon jetzt wieder neu reaktivieren können.“ Dort die Pfarrei und Pfarrvikarie im Iserlohner Norden, Sümmern, Hennen und Kalthof „mit ihrer je eigenen Geschichte“. „Auf dem Dorf funktioniert noch so manches, was in der Anonymität der Stadt nicht mehr funktioniert.“ Als „stolzer Dörfler“, und da sprach der aus Neuenrade-Affeln Stammende aus eigener Erfahrung, versuche man auch, das „kirchliche Leben, so lange es noch geht, gut zu erhalten“.

In Gemeinden müsse über „Mittelwege“ geredet werden

An der Stelle kommt für Schulte der Gedanke von der Kirche als „Gemeinschaft der Einheit in der Vielfalt“. „Wir müssen nicht alles vereinheitlichen. Es darf Unterschiede geben.“ Gleichwohl müsse man sich aber auch fragen, wo es Sinn mache, dass Dinge gleich laufen. „Einheit in der Vielfalt muss sich nicht widersprechen. Beides kann sich ergänzen.“ Als Beispiel nannte Schulte die Erstkommunion- und Firmvorbereitung, wo es zwischen einem Konzept für alle und eigenen in den Gemeinden auch „Mittelwege“ geben könne. „Darüber muss man reden.“ Dabei müsse alles natürlich mit den zur Verfügung stehenden Kräften des Pastoralteams machbar sein. „Im Fokus müssen dabei immer die Kinder und Jugendlichen stehen, für die wir das ja alles tun, nicht unser eigener Kirchturm.“

In den 18 Jahren seit seiner Priesterweihe habe er miterleben müssen, wie sich die Kirche „massiv verändert“ habe. In seiner Kindheit und Jugend in den achtziger Jahren hatte jedes Dorf noch seinen eigenen Pastor. „Und selbst während meiner vier Jahre als Vikar in Letmathe hatten wir noch genügend Priester, und auch jede Gemeinde in Iserlohn seinen eigenen.“ Auch wenn Pastor Josef Slowik ab November mit einer halben Stelle dazu komme – die andere Hälfte ist für die Krankenhaus-Seelsorge vorgesehen –, so seien sie künftig insgesamt eben nur vier Pastöre für den gesamten Verbund mit seinen knapp 18.000 Gläubigen.

 

Angesichts der weiter abnehmenden Zahl an Priestern und Gemeindereferenten frage er sich selber immer wieder, wo das enden solle. Es helfe dabei nicht, „mit aller Kraft zu versuchen, das Alte, so gut es geht, noch zu bewahren. Wir müssen alle zusammen unsere Kirche neu denken.“ Angesichts auch immer weniger Finanzmittel werde man sich auch „schmerzliche Fragen“ stellen müssen: „Was können wir uns noch leisten? Was brauchen wir noch?“ Glaube und Religion würden eben bei den Menschen „mehr und mehr eine untergeordnete Rolle“ spielen. Angesichts der Zahl der Austritte müsse sich die Kirche natürlich auch selber fragen, was sie alles falsch gemacht habe. „Die ganzen Skandale der letzten Jahre zeigen natürlich: Da muss sich was tun.“

Das eigentliche Problem sei aber die Säkularisierung der Gesellschaft, die entsprechend auch die evangelische Kirche zu spüren bekomme. „Ich glaube, dass erst dann, wenn die Frage nach Gott und die Suche nach ihm wieder stärker wird, wir als Kirche wieder wachsen können.“ Vielleicht müsse sich die Kirche zuvor auch erst „gesundschrumpfen“. Schulte betonte auch die Bedeutung der Laien in der Kirche, die auch schon dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) bewusst gewesen sei, als es feststellte, „dass wir alle Kirche sind“.

Dechant Andreas Schulte freute sich indes, sich mit der Amtseinführung, also dem offiziellen Anvertrauen der Gemeinden und der Leitung des Pastoralverbundes im Namen von Erzbischof Hans-Josef Becker, für seine eigene Amtseinführung durch Pfarrer Schulte vor einigen Wochen „revanchieren“ zu können. Zumal sich die beiden schon lange kennen: So war der heutige Dechant früher Pfarrer in St. Lambertus, der Heimatgemeinde von Dietmar Schulte, und hat dessen Schritte zum Priester miterlebt. Nach seiner Zeit in Letma­the und weiteren drei Jahren als Vikar in Kirchhundem hatte Schulte dann in der Heimatstadt des Dechanten, in Neheim, sieben Jahre lang gewirkt und als Pastor dort auch die Fusion von fünf Kirchengemeinden begleitet. Für den gleichen Prozess war Dietmar Schulte dann in den vergangenen vier Jahren ja in Hemer sogar verantwortlich, wo bekanntlich zum 1. Mai aus ebenfalls fünf Gemeinden die St.-Vitus-Gemeinde entstand.

Dass Pfarrer Schulte in seiner Predigt einiges „sehr kritisch“ angemerkt und „die aktuelle Situation der Kirche ungeschminkt beschrieben“ habe, hob Vizebürgermeister Thorsten Schick in seinem Grußwort hervor. Der Christdemokrat zeigte sich ebenfalls davon überzeugt, dass „Kirche auch in Zukunft ein ganz wichtiger Faktor“ sein werde. Denn mit Blick auf „die so vielen Katastrophen“ in 2020 und ‘21 seien die Antworten, die Kirche und ihre Vertreter geben könnten, nach wie vor wichtig. „Deswegen ist mir auch auf lange Sicht nicht um die Institution bange.“

Pfarrer Schulte freute sich indes sehr über die gelungene musikalische Begleitung des Gottesdienstes durch den „Jungen Chor im Pastoralverbund“ unter Leitung von Tobias Leschke sowie ein fünfköpfiges Trompeten-Ensemble (Leitung: Stefan Beumers). Schulte bedauerte, dass die Kirche nicht ein wenig voller war: „Eine Einführung in dieser Corona-Zeit ist immer ein bisschen schwierig. Man weiß nicht genau, wie man es am besten macht. Wir hatten diverse Einladungen verschickt und gehofft, dass noch ein paar mehr kommen.“ Auch wenn die maximale Kapazität von 120 Besuchern nur zu zwei Dritteln genutzt worden war, war der Pfarrer froh, dass zumindest Vertreter jeder Gemeinde und verschiedener Einrichtungen gekommen waren. Und Schulte freute sich schon sehr darauf, in nächster Zeit viele weitere Menschen aus dem Pastoralverbund persönlich kennenzulernen.